Ich liebe meine Kinder, ohne Wenn und Aber. Ich liebe jedes
auf seine Weise und ich bin auf jedes einzelne stolz. Ich versuche, jedem einzelnen
gerecht zu werden, so wie ich es kann. Trotzdem merke ich, dass meine Kinder
oft um meine Aufmerksamkeit buhlen. Das bringt mich oft zum Rotieren und auch
zum innerlichen Zermürbnis.
Der neuste Schrei unter den Mädchen ist das Proben und das
Aufführen von Tanzvorstellungen, inklusive Kleiderchaos dank 10mal
Kostümwechsel. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht eine selbstgebastelte
Einladung zur „Fürtel nach eins – Vorstellung“ bekomme, gerne noch mit den
Nachbarkindern – wenn denn mal zuhause.
Ich gehe natürlich gerne zur Aufführung, die auch mal eine
gute Viertelstunde dauern kann. Ich denke dann nicht an die trockene Wäsche,
die abgehangen und gefaltet werden muss. Oder die Bügelwäsche. Oder die
Spülmaschine, die auch schon piepst. Nein, ich bin dann voll und ganz bei der
Artistin/Clownin/Tanzmaus. Ganz! Ganz? Naja, nicht so ganz. Mausemann ist ja
noch da.
Der hat natürlich keinen Sinn für musische Künste. Der
stellt mal gerne den Regler an dem CD-Player abwechselnd laut, dann leise oder
drückt den „Aus“-Knopf, läuft in die Vorstellung oder räumt die Schränke aus.
Ich versuche ihn dann auf den Schoss zu ziehen, denn mittlerweile hat auch der
Gesichtsausdruck des tanzenden Mädchens gewechselt, von glitzernden Augen und
einem Lächeln hin zu Stirnrunzeln und einem „o“-geformten Mund. Ist mir schon
etwas unangenehm, immerhin gibt sich die Artistin gerade die größte Mühe. Irgendwann
reicht es dann wohl allen, denn wir werden rausgeworfen. Natürlich lassen sich
die Mädchen nichts anmerken, aber ich kann mir vorstellen, dass sie im
Innersten enttäuscht sind…Mama hat mal wieder keine Zeit. Trotzdem finde ich es
toll und bemerkenswert, dass sie nicht auf ihren Bruder böse sind, immerhin verhindert
er ja ihren Auftritt. Dennoch, manchmal habe ich das Gefühl, keinem Kind
wirklich gerecht werden zu können. Mausemann fordert wirklich viel
Aufmerksamkeit, da er keine Minute still hält und wirklich die unmöglichsten
Dinge anstellt. Das fängt bei der Flucht aus dem heimischen Garten an (trotz
Zaun!), geht über das lustige Zerdeppern von Tassen (und der Schrank hat ein
Schrankschloß!) und endet auch mal gerne damit, dass er alle möglichen Dinge in
sein Versteck hinter der Schrankwand wirft oder auch gerne mal Fernbedienungen
ins Putzwasser. Ja, es wird wirklich nie langweilig.
Und genau diese Neugierde ist die Ursache dafür, dass ich
für meine Mädchen nicht mehr wirklich Zeit habe. Basteln, spielen, lachen oder
einfach mal durchkitzeln…all das ist nur noch begrenzt und sehr sehr kurz
möglich. Die Große geht mittlerweile sogar lieber in die Nachmittagsbetreuung
der Schule statt nach Hause zu kommen. Ich kann es ihr nicht verdenken. Das
macht mich oft traurig und ich denke manchmal, als Mutter nicht richtig die
Kurve zu bekommen. Dieses doofe Mutterdings… jeder muss die gleiche Liebe und
Aufmerksamkeit bekommen, keiner darf benachteiligt werden. Bloss kein Kind
denken lassen, man würde das andere bevorzugen oder gar mehr lieben. Das
Schlimme ist, ich bin auch kein Typ der eine „Ist doch egal“ – Haltung einnimmt
und die Sache einfach auf sich beruhen lässt. Nein, ich grüble im Stillen und
versuche immer, alles zu verbessern. Das zermürbt mich manchmal.
Dann aber sehe ich mir meine Kinder an. Motte und Prinzessin
beim Malen von fantasiereichen Bildern mit extra neu angeschafften Filzstiften,
Mausemann auf meinem Arm in Sicherheitsabstand und ich denke: Nein, so schlimm
ist es doch garnicht. Sie lieben sich und sie lieben ihren Bruder. Noch nie kam
ihnen ein Gedanke oder ein Wort über die Lippen, dass sie ihn nicht mehr
wollen, obwohl er ihnen die Mama klaut. Nein, sie lieben ihn heiss und innig
und verteilen dicke Knutscher auf seinen schokoverschmierten Backen, obwohl er
ihnen gerade den Nachtisch abgeluchst hat. Ja, so ist das. Ich bin stolz auf
meine Kinder und ich bin sicher, dass ich bald auch wieder mehr Zeit für jedes
Einzelne haben werde. Das bin ich ihnen auch schuldig.