Sonntag, 6. April 2014

Das Mutterdings




Ich liebe meine Kinder, ohne Wenn und Aber. Ich liebe jedes auf seine Weise und ich bin auf jedes einzelne stolz. Ich versuche, jedem einzelnen gerecht zu werden, so wie ich es kann. Trotzdem merke ich, dass meine Kinder oft um meine Aufmerksamkeit buhlen. Das bringt mich oft zum Rotieren und auch zum innerlichen Zermürbnis. 

Der neuste Schrei unter den Mädchen ist das Proben und das Aufführen von Tanzvorstellungen, inklusive Kleiderchaos dank 10mal Kostümwechsel. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht eine selbstgebastelte Einladung zur „Fürtel nach eins – Vorstellung“ bekomme, gerne noch mit den Nachbarkindern – wenn denn mal zuhause.

Ich gehe natürlich gerne zur Aufführung, die auch mal eine gute Viertelstunde dauern kann. Ich denke dann nicht an die trockene Wäsche, die abgehangen und gefaltet werden muss. Oder die Bügelwäsche. Oder die Spülmaschine, die auch schon piepst. Nein, ich bin dann voll und ganz bei der Artistin/Clownin/Tanzmaus. Ganz! Ganz? Naja, nicht so ganz. Mausemann ist ja noch da.

Der hat natürlich keinen Sinn für musische Künste. Der stellt mal gerne den Regler an dem CD-Player abwechselnd laut, dann leise oder drückt den „Aus“-Knopf, läuft in die Vorstellung oder räumt die Schränke aus. Ich versuche ihn dann auf den Schoss zu ziehen, denn mittlerweile hat auch der Gesichtsausdruck des tanzenden Mädchens gewechselt, von glitzernden Augen und einem Lächeln hin zu Stirnrunzeln und einem „o“-geformten Mund. Ist mir schon etwas unangenehm, immerhin gibt sich die Artistin gerade die größte Mühe. Irgendwann reicht es dann wohl allen, denn wir werden rausgeworfen. Natürlich lassen sich die Mädchen nichts anmerken, aber ich kann mir vorstellen, dass sie im Innersten enttäuscht sind…Mama hat mal wieder keine Zeit. Trotzdem finde ich es toll und bemerkenswert, dass sie nicht auf ihren Bruder böse sind, immerhin verhindert er ja ihren Auftritt. Dennoch, manchmal habe ich das Gefühl, keinem Kind wirklich gerecht werden zu können. Mausemann fordert wirklich viel Aufmerksamkeit, da er keine Minute still hält und wirklich die unmöglichsten Dinge anstellt. Das fängt bei der Flucht aus dem heimischen Garten an (trotz Zaun!), geht über das lustige Zerdeppern von Tassen (und der Schrank hat ein Schrankschloß!) und endet auch mal gerne damit, dass er alle möglichen Dinge in sein Versteck hinter der Schrankwand wirft oder auch gerne mal Fernbedienungen ins Putzwasser. Ja, es wird wirklich nie langweilig.

Und genau diese Neugierde ist die Ursache dafür, dass ich für meine Mädchen nicht mehr wirklich Zeit habe. Basteln, spielen, lachen oder einfach mal durchkitzeln…all das ist nur noch begrenzt und sehr sehr kurz möglich. Die Große geht mittlerweile sogar lieber in die Nachmittagsbetreuung der Schule statt nach Hause zu kommen. Ich kann es ihr nicht verdenken. Das macht mich oft traurig und ich denke manchmal, als Mutter nicht richtig die Kurve zu bekommen. Dieses doofe Mutterdings… jeder muss die gleiche Liebe und Aufmerksamkeit bekommen, keiner darf benachteiligt werden. Bloss kein Kind denken lassen, man würde das andere bevorzugen oder gar mehr lieben. Das Schlimme ist, ich bin auch kein Typ der eine „Ist doch egal“ – Haltung einnimmt und die Sache einfach auf sich beruhen lässt. Nein, ich grüble im Stillen und versuche immer, alles zu verbessern. Das zermürbt mich manchmal.

Dann aber sehe ich mir meine Kinder an. Motte und Prinzessin beim Malen von fantasiereichen Bildern mit extra neu angeschafften Filzstiften, Mausemann auf meinem Arm in Sicherheitsabstand und ich denke: Nein, so schlimm ist es doch garnicht. Sie lieben sich und sie lieben ihren Bruder. Noch nie kam ihnen ein Gedanke oder ein Wort über die Lippen, dass sie ihn nicht mehr wollen, obwohl er ihnen die Mama klaut. Nein, sie lieben ihn heiss und innig und verteilen dicke Knutscher auf seinen schokoverschmierten Backen, obwohl er ihnen gerade den Nachtisch abgeluchst hat. Ja, so ist das. Ich bin stolz auf meine Kinder und ich bin sicher, dass ich bald auch wieder mehr Zeit für jedes Einzelne haben werde. Das bin ich ihnen auch schuldig.